Der Araberhengst Hans
Kennen Sie eigentlich Hans? Hans war ein ziemlich helles Köpfchen unter den Pferden. Er konnte nicht nur rechnen und alle Wochentage benennen – nein, er konnte sogar die Uhrzeit lesen! All das hatte ihm ein pensionierter Schullehrer beigebracht – nachlesen kann man das nicht nur in deutschen oder europäischen Zeitungsarchiven, sondern auch auf einer Titelseite der „New York Times“, erschienen im Sommer 1904. Nachlesen kann man auch, dass ein Mitarbeiter des Psychologischen Instituts der Berliner Universität schließlich herausgefunden hat, dass Hans weder zählen noch die Uhrzeit lesen – aber sehr wohl die Antwort auf die ihm gestellten Fragen an der Mimik seines Besitzers ablesen konnte. Aus diesem Grund ist er heute in der Tierpsychologie nicht aufgrund seiner Intelligenz, sondern dem sogenannten „Versuchsleitereffekt“ bekannt.
Pferdeintelligenz – ein überlebenswichtiger Faktor
Nach diesem Vorfall wurde die Intelligenz von Pferden häufig abgestritten oder aber kleingeredet – zu stark hatte der Vorfall die Vorstellung über die Pferdeintelligenz geprägt. Seit einiger Zeit kommen allerdings zunehmend Erkenntnisse ans Licht, die Tieren allgemein, aber auch Pferden im Besonderen, wieder eine höhere Intelligenz zuspricht. Der Hauptgrund hierfür liegt schon in dem wachsenden Wissen über die Natur der Pferde: Im Laufe der Evolution war es für die sozial in Verbänden lebenden Tiere, zu denen auch Pferde gehören, überlebenswichtig, in der Gruppe zu kooperieren, das Verhalten zu koordinieren und Normen zu lernen. Dies verursachte einen gesteigerten Bedarf an geistiger Kapazität, wodurch es zu einem enormen Hirnwachstum kam.
Pferdeintelligenz versus menschliche Intelligenz
Wie genau äußert sich nun diese Intelligenz? An halbwild lebenden Pferden konnte beobachtet werden, dass sie schon früh Verhaltensweisen lernen, die für das Leben in der Herde von großer Wichtigkeit sind. So kennen sie beispielsweise Konfliktlösungsstrategien wie die Wiedergutmachung. Diese soziale Intelligenz lässt sich auch im Zusammenleben mit dem Menschen nachweisen: Pferde können durch die Beobachtung von Artgenossen und Menschen Rückschlüsse ziehen. Das eine Mal zeigt sich diese Fähigkeit dadurch, dass sie Übungen häufig besser durchführen, wenn sie die Möglichkeiten hatten, vorher einem Artgenossen bei der gleichen Übung zuzusehen. Durch die Beobachtung von Menschen kann beispielsweise das Öffnen einer Futterbox erlernt werden.
Aber die Pferdeintelligenz beschränkt sich nicht nur auf das soziale Zusammenleben: auch einfach abstrakte Konzepte können erlernt werden und in der Schweiz ist gar beobachtet worden, wie ein Wallach einen Ast wie ein Werkzeug benutzt hat, um mit diesem an Heu zu gelangen.
Gehirnjogging für Pferde
Nun macht eine überdurchschnittliche Intelligenz sowohl Reitern als auch Pferden das Leben nicht unbedingt leichter: wenn der Besitzer oder Reiter nichts mit der Intelligenz seines Reittiers anzufangen weiß, dann kann dies zu Langweile und unerwünschtem Verhalten beim Vierbeiner führen, welches dann als schwierig und unfolgsam gilt. So sind es z.B. nicht die dümmsten Tiere, die immer wieder versuchen, um Hindernisse herumzulaufen anstatt diese zu überspringen. Falls sie testen wollen, wie intelligent Ihr Pferd ist, ist übrigens folgendes Video (Intelligenztest Pferde) empfehlenswert, in dem verschiedene Testübungen vorgestellt werden.
Besonders intelligente Pferde zeichnen sich durch ein gutes Reaktions- und Konzentrationsvermögen aus. Zudem verfügen über ein hohes Maß an Motivation und ein gutes Erinnerungsvermögen. Egal in welcher geistigen Ausgangsposition sich ihr Pferd jedoch befindet, Fähigkeiten wie z.B. Eigeninitiative und Kreativität können auch bei Pferden und das bis ins hohe Alter trainiert werden. Sie können stets dazulernen, z.B. indem sie sie immer wieder neuen Reizen ausgesetzt werden oder neue Denkaufgaben gestellt bekommen.
Führungskräfte profitieren von Pferdeintelligenz
Auch wir Menschen können von Pferden lernen und von der arttypischen Pferdeintelligenz profitieren. Im folgenden Video werden die Vorteile eines Trainings für Führungskräfte beschrieben, bei dem dieser Umstand ganz besonders gut zutage tritt. Im Video beschreibt Margit Dellian ausführlich die Vorteile einer solchen Führungskräfteentwicklung, zu denen u.a. die nonverbale Kommunikation der Pferde zählt, die auch für die Arbeit von Führungskräften unabdingbar ist. Die Pferde agieren hier als Co-Trainer, welche den Seminarteilnehmern durch ihre prompten Reaktionen auf sehr authentische Art und Weise beibringen können, wie wichtig es für diese ist, sich geistig im „Hier und Jetzt“ zu befinden.