Das komplexe Navigationssystem einer Fledermaus
Fledermäuse sind bekannt dafür, dass sie sich nahezu überall zielgenau bewegen können und ihre Höhlen auch nach mehreren geflogenen Kilometern noch problemlos wiederfinden. Wie aber funktioniert die Navigation dieser Fledertiere und was unterscheidet sie beispielsweise von Vögeln?
Eine Nachtflug-Hilfe der Fledermaus
Als Behausung ziehen Fledermäuse in der Regel dunkle Orte wie beispielsweise große Höhlen, leerstehende Speicher oder Dachböden vor. Damit sie sich in dieser meist dunklen Umgebung orientieren können, stoßen sie im Flug hochfrequente Schreie aus. Die Schallwellen dieser Schreie prallen auf die verschiedenen Objekte wie Balken, Felsen oder Bäume und werden von diesen unterschiedlich schnell zurückgeworfen. Die reflektierten Echoschreie werden dann wiederum von den großen Ohren der Fledermaus aufgenommen und im Gehirn anhand der Zeitabstände zu einer Art Audio-Karte zusammengesetzt. Selbst kleinste Lebewesen lassen sich durch diese Echopeilung aufspüren, sodass eine Fledermaus mithilfe ihrer Schreie nicht nur Hindernisse umfliegen, sondern auch gleichzeitig ihre Beute in Form von Insekten und Kleintieren jagen kann. Außerdem können die Tiere anhand der Schreie erkennen, ob andere Fledermäuse in der Nähe zum eigenen Schwarm gehören oder nicht. Somit bleiben sie immer bei ihren Gefährten und verirren sich nicht in einem Schwarm fremder Fledermäuse.
Fliegende Pfadfinder
Wenn sie auf Nahrungssuche sind, fliegen viele Fledermäuse jede Nacht Strecken von bis zu über 20 Kilometern. Damit sie sich nicht unterwegs verfliegen, sind sie mit verschiedenen Navigationshilfen ausgestattet, die es ihnen beispielsweise ermöglichen, nach einem Ausflug zielsicher den heimischen wiederzufinden. Eines ihrer wichtigsten Hilfsmittel ist dabei ein innerer Kompass, der es ihnen erlaubt, sich am Magnetfeld der Erde zu orientieren. Wie Versuche von Forschern des Max-Planck-Institutes bewiesen, richten Fledermäuse ihren inneren Kompass bei jedem Flug zuerst an der Position der untergehenden Sonne aus. Unabhängig von dem eigentlichen Magnetfeld der Erdpole nehmen die Tiere die Sonne als zentralen Fixpunkt und können dann zielgenau in beliebige Richtungen aufbrechen und später wieder zurückfliegen. Ist keine Sonne zur Ausrichtung vorhanden, benutzen die Fledermäuse ihre letzte „Kalibrierung“ und finden auf diese Weise immer genau die gleichen Plätze wieder, an denen sie an anderen Tagen bereits erfolgreich Nahrung gefunden haben.
Die Fledermaus hat Ihre Karte im Kopf
Neben ihrem inneren Kompass haben Fledermäuse noch eine zweite Orientierungshilfe, mit der sie ihre Position bestimmen und ihren Weg zurück finden können. Denn Fledermäuse können sich Umgebungsmerkmale einprägen und sich so eine eigene Karte in ihrem Kopf bilden. Dazu setzten die Tiere ihre Sehkraft ein, um sich markante Positionen und Landmarkierungen zu merken. Entgegen dem weitläufigen Irrglauben sind Fledermäuse nämlich nicht blind, können allerdings aber nur schwarz-weiß sehen. Ihre eingeschränkte Sehkraft reicht aber völlig aus, um ein Gebiet anhand seiner Flora oder anderer Merkmale zu kartografieren. Israelische Forscher fanden heraus, dass es den Tieren möglich ist, immer ihren Weg zurück zu ihrer Behausung oder zu Futterplätzen zu finden, selbst wenn sie an einem beliebigen Ort 100 Kilometer entfernt ausgesetzt werden. Allerdings fiel auf, dass die Tiere in unbekannten Gegenden zunächst nahezu ziellose Kreise fliegen, bevor sie sich auf den Heimweg machen. Man nimmt an, dass die Fledermäuse bei diesen Rundflügen nach bekannten Strukturen suchen, die bereits in ihrem Karten-Gedächtnis gespeichert sind und mit deren Hilfe sie heim fliegen können.
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