Der Wolf (Canis Lupus) fasziniert die Menschen schon immer sehr stark. Als Urahn unserer Haushunde steht er uns sehr nah, aber gleichzeitig halten ihn viele für ein Tier, dem man lieber aus dem Weg gehen sollte.
Einst sahen die Menschen in den Wölfen übernatürliche Wesen, die sie fürchteten und gleichzeitig auch verehrten. Wölfe waren geheimnisvolle Kreaturen, die in verschiedenen Mythen, Sagen und Märchen vorkamen und über deren Lebensweise niemand etwas wusste.
Später war der Wolf für die Jäger ein ebenbürtiger Gegner und Konkurrent, für die Hirten ein Feind, der über ihre Tiere herfiel und große Schäden anrichtete und für die Reisenden ein Schreckensbild. So kam es im Laufe der Jahrhunderte mehr und mehr zur systematischen Ausrottung der Wölfe. Waren sie einmal in der gesamten nördlichen Hemisphäre verbreitet, gab es zu Anfang des 20.Jahrhunderts größere Wolfspopulationen nur noch in Osteuropa, in Sibirien, der Mongolei, Alaska und Kanada.
Und immer noch wusste niemand, wie diese Tiere eigentlich leben.
Das stark ausgeprägte Sozialverhalten der Wölfe
Dabei ist das Sozialverhalten der Wölfe überaus spannend und interessant. Wölfe leben fast immer in Rudeln, die in der Regel aus dem Elternpaar und den Jungtieren des letzten und vorletzten Jahres, manchmal noch eines dritten Jahres bestehen. Mit zwei Jahren werden die Jungwölfe geschlechtsreif und wandern dann oft aus dem elterlichen Revier weg in ein freies Revier, um mit einem anderen Jungtier ein neues Rudel zu gründen. Die Hierarchie und Rangordnung in einem Wolfsrudel ist eindeutig festgelegt. Bei wildlebenden Wölfen gibt es keine Rangkämpfe und keine Inzucht im Rudel (das kommt nur bei in Gefangenschaft gehaltenen Wolfsrudeln manchmal vor). Alle Tiere beteiligen sich an der Jagd, der Aufzucht der Jungen und der Sicherung des Reviers. Dieses wird gegen fremde Rudel und einzelne Wölfe konsequent und sehr wachsam verteidigt. Zur Reviermarkierung setzen die Rudel-Mitglieder Harnmarken ab und heulen gemeinsam. Die Wolfswelpen werden vom gesamten Rudel liebevoll versorgt und „erzogen“. Sobald die Jungen feste Nahrung vertragen, werden sie vom ganzen Rudel gefüttert. Wölfe haben ein sehr differenziertes „Vokabular“ aus Heultönen, Quieken, Winseln, Jaulen und Knurren. Damit können sie zum Beispiel verirrten Rudel-Mitgliedern den Weg zeigen, fremde Wölfe verscheuchen oder ihren Jagdsieg anzeigen. Sie haben auch eine intensive Körpersprache, mit der sie untereinander kommunizieren. Die Haltung der Ohren, der Rute, des ganzen Körpers werden als Zeichen der Unterwerfung, der Dominanz, der Beschwichtigung, der Aufforderung zum Spielen und für andere Signale benutzt. Bei der Jagd gehen Wölfe sehr geschickt vor, sie jagen nicht alle bis zur Erschöpfung hinter der Beute her, sondern übernehmen spezielle Aufgaben. Sie können sich gegenseitig die Beutetiere zutreiben, sie verwirren und täuschen. Diese Gabe ermöglicht es Wölfen, auch schnellere und größere Tiere zu erlegen.
Seit etwa 10 Jahren gibt es zum Glück auch in Deutschland wieder Wölfe. Sie wanderten aus Osteuropa vor allem nach Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt ein und da der Wolf heute unter Naturschutz steht und nicht gejagt werden darf, wird er sich sicher weiter ausbreiten. 15 freilebende Wolsfrudel wurden bisher beobachtet und können nun wissenschaftlich erforscht werden.
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